Haushaltspolitische Rede vom Dezember 2025, Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Sehr geehrter Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte KollegInnen,
sehr geehrte ZuhörerInnen,
Beim Schreiben der Haushaltsrede bin ich davon ausgegangen, dass die Zahlen von meinen VorrednerInnen hinlänglich dargestellt und ausgeführt worden sind.
Deshalb werde ich nicht über einzelne Zahlen, sondern über die aus unserer Sicht wichtigen Schlüsse, die wir daraus ziehen und den daraus resultierenden Handlungsbedarf sprechen.
Die Situation wie sie sich heute darstellt, hätten wir uns zu Beginn der Legislaturperiode nicht vorstellen können. Nun stehen wir vor komplett neuen Herausforderungen. Die Tatsache, dass unsere Einnahmen die laufenden Ausnahmen nicht mehr decken und wir auf unsere Rücklagen zurückgreifen müssen, um unseren Verwaltungshaushalt ausgleichen zu können, muss uns alle alarmieren. Unsere Rücklagen sind in den letzten Jahren deutlich geschrumpft, auch weil wir einige große Investitionen getätigt haben.
Wichtiger denn je ist nun eine klare Priorisierung. Unser Fokus liegt eindeutig auf der Sanierung der Grundschule, danach der Erhalt der Infrastruktur (Straßen und Brücken), eine Lösung für die innerörtliche Situation um den geschlossenen Gasthof und für uns als Grüne sehr entscheidend der Erhalt unserer Lebensgrundlage unsere Natur und Umwelt. Nachrangig sind Investitionen in einen neuen Bauhof. Auch bei den Kindertageseinrichtungen sehen wir keine weitere Notwendigkeit zu investieren. Die Gemeinde hat in den letzten Jahren sehr viel in diesem Bereich geleistet und tolle Einrichtungen geschaffen. Aber nun sind wir an einem Punkt, wo wir defacto einen Überbedarf an Plätzen haben.
Auch unsere freiwilligen Leistungen müssen wir im Auge behalten. Wir möchten auf keine dieser Leistungen verzichten, aber wir müssen sehr genau schauen, ob diese im vollen Umfang noch möglich sind, aber auch, wo wir bei den Pflichtaufgaben Effizienzpotenziale heben können. Als Gremium haben wir die Aufsichtspflicht. Um in dieser Situation eng abgestimmt mit der Verwaltung in den Austausch gehen zu können, plädieren wir für eine baldige Einrichtung eines Haushalts- und Finanzausschusses. Jeder Gemeinderatsbeschluss, der finanzielle Auswirkungen hat, sollte aus unserer Sicht zwingend vorher durch einen Finanzausschuss überprüft und freigegeben sein. Das wäre eine Möglichkeit sicherzustellen, dass wir uns im Rahmen unserer finanziellen Mittel bewegen und zielgerichtet schnell nach- und gegensteuern können, falls es erforderlich wird.
Um unseren Wohlstand zu halten ist es entscheidend, dass wir intensiv daran arbeiten, dass wir für Familien weiterhin attraktiv sind und genügend Möglichkeiten vorhanden sind, um nach Gaimersheim zu ziehen. Wir können nicht unbegrenzt immer neue Baugebiete ausweisen, die eine Menge an Infrastrukturkosten nach sich ziehen. Wir sollten überlegen, ob es Möglichkeiten in manchen Bereichen im Gewerbegebiet gibt leerstehende Gewerbeflächen langfristig in Wohnflächen umzuwandeln. Alle möglichen gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen ausgeschöpft werden. Mehr zu bauen, obwohl Leerstand besteht, ist volkswirtschaftlich und ökologisch hochgradig unsinnig. Weitere Flächen versiegeln vergrößert unsere Probleme im Umwelt- und Naturschutz.
Der Leerstand im Gewerbegebiet bedeutet weniger Firmen und das bedeutet weniger Gewerbesteuer. Auch hier müssen wir aktiv werden. Es reicht nicht sporadisch Kontakt mit Gewerbetreibenden aufzunehmen. Wir schlagen vor Geld dafür in die Hand zu nehmen um eine/n WirtschaftsreferentIn zu installieren, die oder der sich intensiv darum kümmert Kontakt zu Firmen aufzunehmen. Aber auch der Kontakt zum Wirtschaftsministerium muss aufgebaut werden, damit Gaimersheim überhaupt in Erwägung gezogen wird, wenn ausländische Investoren auf Standortsuche in Bayern sind. Wir müssen versuchen Firmen zu uns zu ziehen mit guten Angeboten. Abwarten und darauf hoffen, dass sich alles von alleine regelt ist hier die völlig falsche Strategie.
Besonders unerfreulich finden wir die lange Zeit, die es nun schon dauert zum Abschluss des ISEK-Verfahrens zu kommen. Schon längst sollte der Abschluss erfolgt sein und der Bevölkerung vorgestellt werden. Was aus unserer Sicht aber noch unerfreulicher ist, dass wir feststellen mussten, dass an der Ettinger Straße eine Planung parallel zu den Bauarbeiten der Stadt Ingolstadt beauftragt wurde, die keinerlei Zusammenhang mit den von ISEK vorgeschlagenen Maßnahmen hat. Für die Ettinger Straße wurde die Notwendigkeit einer städtebaulichen Maßnahme zur Verbesserung des Ortseinganges festgestellt. Nun wird geplant, ohne auf irgendeine Weise eine Verbesserung herbeizuführen (abgesehen von 3 Bäumen, die dort nun gepflanzt werden sollen).
Viele von uns haben sehr viel Zeit und Ideen eingebracht, um eine gute Basis für die weitere Entwicklung unserer Gemeinde zu erarbeiten. Statt die Ergebnisse des ISEK und die Erkenntnisse, die aus diesem Prozess entstanden sind, in aktuelle Planungen einfließen zu lassen, werden diese in keiner Weise berücksichtigt. Das ist nicht nur uns GemeinderätInnen, sondern auch den BürgerInnen gegenüber wenig wertschätzend, die auch ihre Ideen eingebracht haben. Wir haben viel Geld dafür ausgegeben, es wäre die Pflicht der Verwaltung bei neuen Planungen genau darauf aufzusetzen und die Ideen des ISEK in Planungen einfließen zu lassen.
In den letzten Jahren haben wir des Öfteren Planungen vorgelegt bekommen, die aus unserer Sicht völlig überdimensioniert waren. Dies war bei der ersten Planung des Bauhofes mit einer riesigen beheizten Halle der Fall und ist nun bei der 2. Planung leider nicht besser geworden. Für einen Bauhof eine Einbruchmeldeanlage vorzusehen, einen überdachten Bereich für Fahrzeuge, damit diese im Winter nicht kalt gestartet werden müssen, zwei Regenrückhaltebecken vorzusehen, obwohl es eine riesige Fläche daneben gibt, wo Versickerungsmulden errichtet werden können und Räume für Mülltonnen, damit diese nicht nass von BürgerInnen abgeholt werden müssen, ist für uns als Grüne nicht der Maßstab für eine vernünftige Planung.
Das Gleiche erleben wir bei der Planung des Kindergarten St. Raphaels wo z. B. für Außenanlagen 24 Findlinge vorgesehen sind und als einzige Einsparmöglichkeit das Weglassen der Komposters empfohlen wird. So geht aus unserer Sicht Planung nicht. Das hat nichts mit sparsamer effiziente r Planung zu tun.
Ein weiterer schwieriger Punkt ist die Intransparenz bei den bestehenden Kindergartenkapazitäten. Nach unseren Kenntnissen haben wir bereits Überbedarf an Plätzen. Wir brauchen von Seiten der Verwaltung die Auslastungszahlen regelmäßig zu jedem Beginn eines Kindergartenjahres, um zu sehen wie sich diese entwickeln. Bevor wir irgendeiner Art von weiterer Investition in diesem Bereich zustimmen, benötigen wir valide Daten zu den Kindergartenzahlen, die eine mögliche Investition tatsächlich rechtfertigt. Wir können doch nicht ernsthaft nur deshalb bauen, weil Fördergelder genehmigt wurden. Eine Investition muss sinnvoll sein, nicht nur gefördert, alles andere ist Verschwendung von Steuergeldern. Solange uns diese Zahlen nicht vorliegen, sehen wir es als nicht möglich an eine Entscheidung zu treffen.
Die aktualisierte Sozialstrukturraumanalyse zeigt, dass die Entwicklung der Bevölkerung eine völlig andere ist wie vor 4 Jahren, als wir die Studie zum ersten Mal erstellen haben lassen. Fazit der neuen Ergebnisse ist, dass unsere Bevölkerung nur noch sehr wenig und langsam wachsen wird. Darauf müssen wir reagieren. Das bedeutet auch, dass eine zweite Schule nicht notwendig ist und die derzeitige Schule max. auf 5 Züge ausgelegt werden sollte.
Ein wichtiger Punkt bei der Entscheidung wie die Dimensionierung der Schule erfolgen sollte, ist die Frage, wie wir mit der derzeitigen Situation der mehrgleisigen Nachmittagsbetreuung umgehen. Die wenigsten Gemeinden werden sich 4 verschiedene Angebote (Ganztag, Kuckucksnest, Mittagsbetreuung und Hort) mit unterschiedlichen Räumlichkeiten parallel leisten. Es braucht hier ein schlüssiges Gesamtkonzept für die ganze Schule, womit sich alle identifizieren können. Doppelte Räumlichkeiten für vormittags und nachmittags zu bauen und vorzuhalten ist auf Dauer nicht zu finanzieren. Die Idee einer räumlichen Trennung in Vormittag und Nachmittag ist mittlerweile überholt. Und die Betreuungsendzeiten müssen mit den Buszeiten vereinbar sein. Wenn Kinder keine Heimfahrmöglichkeit haben oder sehr lange warten müssen, werden die Eltern das Angebot nicht buchen. Starre Vorgaben der Abholzeiten sind hier wenig hilfreich.
Bei anderen Baumaßnahmen wie den Radwegen in der Ziegeleistraße und der Bürgermeister Martin-Meier Straße ist leider dieses Jahr auch noch nichts erfolgt. Diese Maßnahmen waren durch die Vielzahl an Baustellen in und um Gaimersheim nicht umsetzbar. Nun sind wir gespannt, ob es im nächsten Jahr im Sommer zumindest in der Ziegeleistraße dazu kommt, dass gebaut werden kann und der Radweg an der Bürgermeister-Martin-Meier Straße dann in 2027 folgt. Um für die Bürgerinnen und Bürger schnellst möglich eine deutliche Verbesserung der aktuellen Radfahrsituation zu erreichen, ist es aus unserer Sicht notwendig, nicht nur eine Maßnahmenerfassung durch die Fahrradbeauftragte zu erstellen, sondern, so wie im Natur-Umweltprogramm festgelegt, eine übergreifende Radwegeplanung durch Experten begleitend zu beauftragen. Es sollte baldmöglichst ein Fahrplan stehen wo wir in den nächsten 5 Jahren hinwollen. Gerade im Bereich Radwege gibt es gute Fördermöglichkeiten.
Sehr bedauerlich ist, dass der im September von der 1. Bürgermeisterin angekündigte Arbeitskreis zum Thema Radwege mit Beteiligung eines ausgewiesenen Radwegeexperten bisher nicht zustande gekommen ist. Gerade für die Ettinger Straße wäre dies aber sehr sinnvoll.
Nun komme ich zu unserem Kernthema Klima- und Umweltschutz.
Bis Mitte nächster Woche gibt es hier im Rathaus noch eine Ausstellung vom BUND Naturschutz zum Thema Wasser. Es ist eine sehr empfehlenswerte Ausstellung. Diese Ausstellung zeigt zum einen, dass wir schon heute ein Wasserproblem haben und zum anderen, dass wir uns dringend um ein Wassermanagement kümmern müssen. Das bisherige Konzept des schnellen Abfließenlassens ist nicht mehr länger tragbar. Wir brauchen ein bedarfsgerechtes Wassermanagement. Nicht zu viel Wasser für die Äcker, aber genug um unsere Böden mit Wasser zu versorgen. Auch dafür müssen wir als Gemeinde Lösungen finden. Auch innerorts z. B. durch Umwandlung der kommunalen Grünflächen (Spielplätze, Grünstreifen etc.) in Regenrückhalteflächen für Versickerungsmöglichkeiten. Viele Flächen könnten wir etwas tiefer legen, Mulden einrichten, Bordsteine absenken damit das Wasser auf diese Flächen fließen kann. Solche Maßnahmen sind aktiver Hochwasserschutz, sie verbessern die Durchnässung der Böden und kühlen bei Verdunstung und sie sind vor allem nicht kompliziert in der Umsetzung.
Das Gute dabei ist, Umweltschutz kann auch Geld sparen und so den Haushalt entlasten. Wenn wir unsere Flächen mehr extensiv bewirtschaften, brauchen wir weniger Menschen, die sich darum kümmern und sparen dadurch Geld. Gleichzeitig schaffen wir mehr Lebensraum und stärken die Artenvielfalt. Naturnahe Flächen entlasten den Haushalt und die Marktgemeinde nimmt eine Vorbildrolle ein.
Auch in 2024 haben wir im Natur- und Artenschutz Fortschritte erreichen können. Wir erwarten, dass auch im kommenden Jahr weitere Themen aus dem Natur- und Umweltprogramm umgesetzt werden. Auf die Umsetzung des Gewässerentwicklungskonzeptes vor allem des Augrabens setzen viele BürgerInnen hohe Erwartungen. Die Einbindung von möglichst vielen BürgerInnen – wie auch bei anderen Themen – generiert viele neue Ideen und spart Haushaltsmittel bei der Umsetzung. Ein gelungenes Beispiel dafür ist die Heckenpflanzung am Reisberg im Dezember.
Das gilt auch für andere Maßnahmen wie einer PV-Anlage fürs Aquamarin. Das Aquamarin ist eine freiwillige Leistung, die wir unbedingt erhalten wollen. Wir könnten hier einen Großteil unseres Strombedarfs selbst erzeugen, oder unser Dachregenwasser auf den Grünflächen direkt versickern lassen. Das spart Abwassergebühren und reduziert die Notwendigkeit des Bewässern.
Wir haben hier noch sehr viel mehr Themen, die ich aber aus Zeitgründen nicht alle ansprechen kann. Da wären u. a. die Sicherung von Trink- und Grundwasser durch bessere Regenwassernutzung, der Schutz der Moorflächen als Wasserspeicher durch naturnahe Nutzung oder die Verbesserung des Mikroklimas und der Luft durch mehr Bäume.
Auf das uns sehr wichtige Thema ÖPNV bin ich nicht eingegangen, da dies in dieser Sitzung bereits im Vorfeld diskutiert wurde.
Der Haushalt spiegelt die Pflichtaufgaben der Gemeinde umfassend und detailliert wider. Vielen Dank an H. Gmöhling für die gute Aufbereitung. Die Umsetzung der damit verbundenen Maßnahmen wird herausfordernd und benötigt hohe finanzielle Mittel. Vor diesem Hintergrund müssen wir die Maßnahmen und Projekte gemeinsam noch besser priorisieren, mit unseren finanziellen Ressourcen noch sorgfältiger umgehen und wirklich nur Themen angehen, die für unsere BürgerInnen wichtig, notwendig und zukunftsweisend sind.
Es gab schon Haushalte denen wir lieber zugestimmt haben. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir durch geeignete Maßnahmen wieder dahin kommen, dass wir keine Zuführung vom Vermögens- in den Verwaltungshaushalt benötigen. Wichtig ist, dass wir dafür die richtigen Weichen stellen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN stimmt dem Haushalt so zu.
Dezember 2025
Fraktionssprecherin Stephanie Nagelschneider
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