Am 12. Mai 2023 fand eine spannende Veranstaltung des Ortsverbands Denkendorf/Stammham der Grünen statt. Rund ein Dutzend Besucher nahmen an einer Wanderung teil, die vom Parkplatz Köschinger Wald bis zur Eichenwaldversuchsfläche im Köschinger Forst nordöstlich von Stammham führte. Die Wanderung dauerte etwa 40 Minuten und bot den Teilnehmern die Möglichkeit, mehr über ein faszinierendes Umweltprojekt zu erfahren.
Wir wurden von Dr.-Ing. Joachim Wloka von der Audi Umweltstiftung begrüßt, der den Hintergrund und die Motivation von Audi als Unterstützer und Förderer dieses Projekts sowie weiterer Projekte der Audi Umweltstiftung erläuterte. Das Ziel ist es, einen Beitrag zum Umweltschutz für eine lebenswerte Zukunft zu leisten. Da Autos CO2 ausstoßen, liegt es nahe, Projekte zu fördern, die erforschen, wie man effizient CO2 aus der Luft entfernen kann.
Zusätzlich wird in diesem internationalen Eichenwaldprojekt der Einfluss der Baumdichte auf die Biodiversität untersucht. Das Eichenwaldprojekt war im Jahr 2008 das Gründungsprojekt der Audi Umweltstiftung.
Das Projekt wurde von Dipl.-Ing. FA Leonhard Steinacker und Dominik Ambs (Doktorand) vom Lehrstuhl für Waldwachstumskunde an der TU München vorgestellt. Die Fläche, die etwa 6 Hektar groß ist, war ursprünglich ein Fichtenaltbestand, der durch Borkenkäferbefall und Windwürfe stark beschädigt wurde. Auf Initiative des Audi Umweltschutzes und des Forstbetriebs Kipfenbergs entstand die Idee, auf dieser Fläche ein wissenschaftliches Projekt zur CO2-Bindung und Biodiversität von Eichenwäldern durchzuführen. Die Audi AG konnte als Förderer für dieses Projekt gewonnen werden.
Die Ziele des Projekts sind:
- Untersuchung der Plastizität von Baumarten bei unterschiedlichen Standraumangeboten, wobei der Effekt unterschiedlicher Bestandesdichten auf das Baumwachstum und die Kohlenstoffbindung untersucht wird.
- Untersuchung der Begünstigung von Biodiversität für Käfer, Insekten, Schmetterlinge und andere Pflanzen durch unterschiedliche Bestandesdichten.
- Untersuchung der Wechselwirkung von Bestandesdichte und Biodiversität.
Die Versuchsfläche in Stammham ist Teil einer internationalen Versuchsserie an verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen klimatischen Bedingungen. Insgesamt gibt es 7 Standorte in der Nähe von Audi-Standorten, auf denen die TU München verschiedene Wachstumsversuche mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Fragestellungen auf 250 Hektar Waldfläche und 1000 Parzellen durchführt.
Die Wahl der Eichen als Baumart wurde getroffen, da sie ursprünglich in der Region angesiedelt waren und auch in anderen Regionen wachsen. Dadurch können die Wachstumsbedingungen in unterschiedlichen Klimazonen und auf verschiedenen Böden verglichen werden.
Die Versuchsfläche wurde in Nelder-Kreisen angelegt, bei denen Bäume mit unterschiedlicher Dichte und Abständen gepflanzt wurden. Pro Standort wurden 2 Kreise angelegt, jeder umfasst 14 verschiedene Pflanzabstände. Im Inneren wurden Eichen mit einer Besatzdichte von 200.000 Pflanzen pro Hektar und einem Abstand von 20 cm pro Pflanze angepflanzt. In den äußeren Kreisen wurde die Besatzdichte verringert, bis im äußersten Kreis nur noch 25 Pflanzen pro Hektar angepflanzt wurden (ca. 9 Meter Platz zwischen den Bäumen).
Einige Erkenntnisse aus dem Projekt sind:
- Zu Beginn wuchsen die Pflanzen im Inneren Kreis besser als in den äußeren Kreisen, da sie besser geschützt waren.
- Im äußeren Kreis investierten die Pflanzen aufgrund der Windlast mehr Kraft in das Wachstum der Wurzeln, während die Pflanzen im Inneren Kreis aufgrund der hohen Konkurrenz mehr Kraft in die Höhe für Licht und Wasser investierten.
- Nach 16 Jahren wurde der Konkurrenzdruck im Inneren Kreis so hoch, dass einige Pflanzen das Rennen um Licht verloren und abstarben. Dafür konnten die außen gelegenen Bäume nun aufholen und sogar besser wachsen, indem sie die Bäume im Inneren überholten.
- In den inneren Kreisen gab es weniger Astauswuchs im Vergleich zu den äußeren Kreisen, was für Bauholz interessant ist.
- Ein einzelner Baum im äußeren Kreis, der kräftiger wuchs, bindet mehr CO2 aus der Luft als die dünneren Bäume im inneren Kreis. Auf die Fläche gerechnet binden jedoch die vielen Bäume im Inneren mehr CO2 als der einzelne Baum im Außenbereich.
- Im internationalen Vergleich bei verschiedenen klimatischen und Bodenbedingungen wurde festgestellt, dass das Wachstum im gleichen Zeitraum beispielsweise in Sant’Agata Bolognese um 2 cm (Stammdickenwachstum) pro Jahr fortschreitet, während es in Stammham nur etwa 1 cm pro Jahr beträgt.
Die Auswirkungen auf die Biodiversität sind noch nicht abschließend geklärt. Allerdings fällt auf, dass die Begleitvegetation in den äußeren Kreisen vielfältiger ist als im Kreiszentrum. Eine detailliertere Untersuchung muss noch zeigen, ob dieser „optische“ Eindruck auch für die Fauna gilt.
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Auf der gesamten Versuchsfläche sind ausgewählte Bäume mit Dendrometern (Stammdickenmessgeräten) und Saftflusssensoren ausgestattet, die Daten zur Messstation übertragen. Dadurch kann der Wassergehalt des Baumes gemessen und das Baumwachstum online beobachtet werden, was Rückschlüsse auf den Biomassezuwachs ermöglicht.
Es werden alle 10 Minuten Messungen der Baumstammdicke durchgeführt, um zu sehen, wie sich die Dicke zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten verändert. Es wurde festgestellt, dass die Bäume nachts dicker sind als tagsüber, da sie nachts Wasser aufnehmen und tagsüber über Photosynthese umsetzen bzw. verdunsten.
Zusätzlich gibt es auf der Versuchsfläche Bodenfeuchtesensoren, die die Wassermenge im Boden messen, sowie eine Wetterstation mit Licht-, Regenmengenmesser und Windsensoren, die die klimatischen Einflüsse von außen auf die Bäume messen und Vergleichsdaten für die Wissenschaft liefern.
Das Projekt ist auf 100 Jahre angelegt, und die Ergebnisse können online unter der Website der Audi Umweltstiftung eingesehen werden.
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